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Der Begriff GESTALT kommt aus der Gestaltpsychologie.

Ein Bedürfnis rückt vor einem bestimmten Hintergrund in den Vordergrund. Dieser Vorgang wird Gestaltbildung genannt.

Solange dieses Bedürfnis, diese Gestalt, nicht wahrgenommen, erfahren, bearbeitet und dann dementsprechend gehandelt wird, bleibt es eine offene Gestalt, bleibt im Vordergrund, beeinflusst neue Gestaltbildungen.

Wenn das Bedürfnis gestillt ist, schließt sich die Gestalt und tritt in den Hintergrund. Eine neue Gestalt kann hervortreten.

 

Ein einfaches Beispiel:

Ich werde hungrig. das Hungergefühl tritt in den Vordergrund. Ich denke nach, was ich essen könnte, das Wasser läuft mir im Mund zusammen, mein Magen knurrt. Mein Hunger ist nun eine offene Gestalt.

Esse ich nicht, prägt die folgende Zeit, besetzt meine Gedanken, Gefühle, Körper-empfindungen. Diese Zeit ist bestimmt von meinem ungestillten Hungerbedürfnis, meine Wahrnehmung ist eingeschränkt.

Wenn ich nun esse, schließe ich die Gestalt. Gedanken um das Essen, Magenknurren, Speichelfluß verschwinden wieder, treten in den Hintergrund. Ich habe die Gestalt geschlossen.

 

Offene Gestalten beeinflussen also unsere Wahrnehmungsfähigkeit, unsere Entscheidungen, unser Handeln.

 

laura perls, mitbegründerin der gestalttherapie, formuliert das ziel der gestalttherapie so:

"kontinuierliche gestaltbildung. damit meine ich, dass alles, was für den einzelnen, für gruppen, paare, familien oder soziale bewegungen wichtig und interessant ist, in den vordergrund tritt, wo es klar und deutlich erfahren und bearbeitet werden kann. sind diese interessen dann befriedigt oder erfüllt, können sie wieder in den hintergrund treten und den vordergrund frei machen für die nächste herausforderung - für die nächste gestalt." (laura perls, gespräch mit kitzler und stern, gestaltkritik 2/2005)

 

eine sehr gute zusammenfassung der geschichte der gestalttherapie finden sie hier

 

mein verständnis von gestalttherapie erweitert sich ständig. ich sehe, erlebe, verstehe gestalttherapie immer differenzierter und vielfältiger.

jetzt gerade sitze ich hier am schreibtisch, vor mir der block. viele durchgestrichene zeilen, zerknüllte seiten.

es fällt mir nicht leicht, mein verständnis von gestalt zu formulieren.

es soll nachvollziehbar sein, nicht zu lang werden, schlicht, meine zuneigung zu dieser therapieform vermitteln.

ich schwanke zwischen überforderungsgefühlen und beseelt-sein ob dieser aufgabe.

draußen regnet es, der herbst hat einzug gehalten. tropfen sammeln sich am gekippten dachfenster. das geräusch der auf den dachsims fallenden tropfen beruhigt mich. ich werde zuversichtlicher.

indem ich wahrnehme und beschreibe, was bei mir jetzt ist, meine zweifel, meine freude, meine gedanken und gefühle dazu, bin ich schon mitten drin. das ist auch gestalt.

mein anspruch an mich, diese meine website perfekt zu gestalten, wird nun kleiner.

jetzt gerade kann ich gestalt so formulieren wie ich es soeben tue.

ich fühle mich erleichtert, atme tief aus und beginne den text auf die website zu tippen.

 

 

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burnout

...ist in aller munde, und obwohl es sich hierbei derzeit um keine anerkannte diagnose in den internationalen klassifikationsmanualen der krankheiten ICD-10 und DSM-IV handelt, wird sie in ihren phänomenen auch von immer mehr ärzten und therapeuten anerkannt. schließlich ist nicht zu übersehen, daß in den ordinationen und praxen mehr und mehr zutiefst erschöpfte menschen auftauchen, meist leider erst dann, wenn bereits vom betroffenen zur seelischen erschöpfung nicht mehr ignorierbare körperliche symptome dazukommen.


ob quälende schlaflosigkeit, schwindel, unerträgliche druckgefühle in brust und/oder hals, druck im kopf, rückenschmerzen, herzrasen oder panikattacken - oft bleibt nach gründlicher medizinischer abklärung nur mehr die diagnose erschöpfungszustand, burnout.

 

vorbeugende maßnahmen, von jedem einzelnen gesetzt, wären angebracht. nur leider sind vorwiegend diejenigen menschen betroffen, die unter hohen ansprüchen an sich selbst leiden und sich über einen langen zeitraum "durchpeitschen", obwohl es eigentlich schon längst nicht mehr geht.
schamgefühle sind dann oft die folge, es darf nicht sein, daß ausgerechnet ich versage, es nicht mehr schaffe.
wer dann bis zum äußersten geht, in ein burnout rutscht, muß mit langen krankenständen rechnen, oft bis zu einem jahr. die rekonvaleszenz, das umlernen des schädigenden umgangs mit sich selbst und dem eigenen körper in ein achtsameres, konstruktives und - endlich wieder - auch freudvolles miteinander, das dauert dann.
in meine praxis kommen immer wieder klienten mit burnout-symptomatiken, und alle kommen erst, wenn es schon gar nicht mehr geht, wenn der körper dazu gezwungen hat, eine pause einzulegen. das ist dann meist sehr beängstigend, wird als bedrohlich empfunden. jedoch handelt es sich hier um eine notbremse des körpers und der seele, damit sich der mensch nicht buchstäblich zu tode arbeitet und unter druck setzt.
dem selbstzerstörerischen teufelskreis zu entkommen ist möglich, und wäre einfacher und weniger schmerzhaft und beängstigend, würde von jedem einzelnen früher etwas unternommen werden.

 

im gestalttherapeutischen sinn versuche ich unter anderem, ihre lange vernachlässigten stärken und kompetenzen zu erinnern, ermögliche ihnen, sich mit dem derzeitigen reduzierten tempo vertraut zu machen, die positiven seiten daran zu erleben. in folge geht es darum, gemeinsam herauszufinden, wie sie sich unter druck setzen. dann kann an der änderung dieser selbstschädigenden muster gearbeitet werden. ebenso erkunden wir, was sie dazu motiviert, mit sich selbst ungleich gnadenloser umzugehen, als sie dies je mit einem anderen menschen tun würden. und wir machen uns auf die suche nach ihren grenzen, die so lange überschritten wurden.


falls sie einige der folgenden symptome bei sich bemerken, sollten sie zuerst einen arzt zur medizinischen abklärung und im anschluss eine/n psychotherapeutIn aufsuchen:
innere unruhe
schlafstörungen
zittern
herzklopfen, herzrasen
regelmäßige kopfschmerzen, migräne
druckgefühl in der brust, "knödel" im hals
schwindel
gereiztheit
aggressivität
zynismus
andauernde müdigkeit
ratlosigkeit
aussichtslosigkeit
viele "muß"-gedanken ("ich muß das noch machen, muss das schaffen,...)
gedanken wie "ich bin nicht gut genug" oder "das muß noch besser gehen"
sozialer rückzug (keine zeit, keine lust mehr für unternehmungen, hobbies, freizeit, freunde-treffen,...)
sinnlosigkeitsgedanken